"Der 20-Prozent-Crash!"
Nobelpreisträger unter sich
Der amerikanische Top-Ökonom Robert Shiller steht mit seiner Meinung, dass die Aktienkurse aufgrund einer Überbewertung unmittelbar vor einer empfindlichen Korrektur stehen, längst nicht mehr alleine da. Weitere namhafte Ökonomen wie William Sharpe und Lars-Peter Hansen, ebenfalls Nobelpreisträger, steigen in die Diskussion mit ein. Während der Namensgeber des „Shiller-KGVs“ darauf verweist, dass eben dieses Risikobarometer kritische Höchststände erreicht hat, erwartet auch Sharpe an den Aktienmärkten langfristig niedrigere Renditen. Lars-Peter Hansen befürchtet einen „starken Einbruch“ an der Börse: Die Kurse könnten nach Ansicht des Wirtschaftsexperten um 20 Prozent einbrechen!
Es scheint in der Tat beunruhigend zu sein, dass sich die Elite der Volkswirtschaft so vehement in die Marktdiskussion einmischt. Das internationale Medienecho ist entsprechend groß. Willkommen ist in diesen Tagen alles, was bei der Suche nach vermeintlichen Risiken hilft – denn es trifft in diesem skeptischen Umfeld buchstäblich den Nerv der Anleger. Doch was sind diese Aussagen wirklich wert?
Potential durch Skepsis
Das Shiller-KGV vergleicht die Aktienkurse mit den Unternehmensgewinnen der vergangenen zehn Jahre. Was als Konjunkturbarometer herhalten muss, ist in Wirklichkeit also nicht mehr als ein Instrument für die Prognose der 10-Jahres-Renditen – ein unmögliches Unterfangen. Populär ist dieses zyklisch angepasste KGV trotzdem, weil Shiller das Platzen der Blase um die Jahrtausendwende angeblich präzise vorhergesagt hat. Er brachte den damaligen FED-Chef Alan Greenspan dazu, von einem „irrationalen Überschwang“ zu warnen. Das war im Jahr 1996, wohlgemerkt – bis zum tatsächlichen Crash im Jahr 2000 konnten sich die weltweiten Aktienmärkte noch einmal mehr als verdoppeln. Das Shiller-KGV ist kein sinnvolles Instrument, um Marktschwankungen vorherzusagen!
Das können normale KGVs ebenso wenig. Sie liefern Hinweise auf das Sentiment und spiegeln in gewisser Weise den Mut der Investoren wider. Bis die finale Euphorie eintritt, können KGVs jedoch jahrelang in überdurchschnittlichen Höhen verweilen. Sie klettern immer höher, je mehr die Skepsis aus dem Markt entweicht und sich Optimismus breit macht – dann sind Anleger bereit, sogar noch mehr für die Unternehmensgewinne der Zukunft zu bezahlen. In der aktuellen Situation ist also angesichts der vorherrschenden Skepsis immer noch genügend Potential nach oben vorhanden.
Crash, Crash, Crash
Und was ist mit dem 20-Prozent-Crash? Der kann selbstverständlich kommen – jederzeit. Allein die Bezeichnung „Crash“ ist hier jedoch eindeutig fehl am Platz. Derartige Schwankungsbreiten gehören zum alltäglichen Geschäft an den Aktienmärkten. Selbst im marktbreiten US-Index S&P 500 waren unterjährige Kursverluste von durchschnittlich knapp 14 % in den letzten 30 Jahren zu beobachten – in drei Viertel der Fälle konnte der Index am Jahresende dennoch im Plus landen!
Noch kraftloser wirkt diese „Crash-Warnung“ in Bezug auf volatilere Märkte. Der DAX kann „problemlos“ einen Kursrückgang dieser Größenordnung hinlegen, ohne die übergeordnete Aufwärtsbewegung auch nur im Geringsten zu gefährden. Erinnern Sie sich an den 18-Prozent-Crash im zweiten Quartal 2012? Irrelevant. Der DAX steht für 2012 mit einem Plus von per Saldo 29 % in den Büchern.
Fazit
Für den weiteren Fortbestand des laufenden Bullenmarktes ist es wichtig, dass die Marktstimmung nicht in Euphorie überschwappt. Gemeinsame Warnungen von Nobelpreisträgern sind sicher medienwirksam – sollten Ihnen aber eher als Kontraindikator dienen!