Die Kurve macht den Unterschied

Die Welt scheint "normal" zu werden.

Sie erinnern sich sicher noch an die gute alte Zeit, in der ein Bankberater noch seine typischen Tabellen mit den Zinssätzen im Beratungsgespräch auspacken konnte. Je länger die Laufzeit, desto höher die Rendite. Dieser Zusammenhang galt für eine lange Zeit. "Kurzes Geld" war billiger als "langes Geld". Die modernen Finanzmärkte und eine aktivere Notenbankpolitik haben diesen "natürlichen" Mechanismus jedoch seit geraumer Zeit außer Kraft gesetzt. Was bedeutet das für die Entwicklung der nächsten Jahre?

Der Versuchung widerstehen

Die Emotionen machen den Anlegern wohl auf Sicht der nächsten Jahre wieder einen Strich durch die Rechnung. Während man Anfang 2000 voller Gier weiter in die teuren Aktien investierte, treibt uns heute die Angst in die vermeintliche Sicherheit der historisch außerordentlich teuren Staatsanleihen und man parkt in Tagesgeldern nahe der Null-Prozent-Marke. Dabei ist es aus heutiger Sicht extrem unwahrscheinlich, dass die Renditen der Anleihen beziehungsweise Tages- und Festgeldkonten auf Sicht von fünf beziehungsweise zehn Jahren die Aktienmärkte schlagen werden können. Im letzten Herbst hörten meine Mitarbeiter und ich in Gesprächen mit Kunden und Interessenten fast immer das gleiche Argument: "Warum soll ich denn jetzt investieren, wenn ich auf meinem Tages- beziehungsweise Festgeld sichere 5 Prozent bekomme?" Das Argument war zumindest damals noch teilweise nachvollziehbar. Die hohen Aufschläge, die Banken damals auf den EZB-Leitzins zahlten, waren lediglich ihrer prekären Liquiditätssituation geschuldet. Banken zahlten ihnen diese "Subprime-Zinsen" nur deshalb, da sie ansonsten keine ausreichend neue Mittel rekrutieren konnten. Diese vereinbarten Konditionen laufen jetzt sukzessive aus. Bei einer Neuanlage werden die Konditionen deutlich schlechter sein. Der Eonia liegt heute bei 0,33 Prozent. Viel höher bekommen Sie Ihre Tages- und Festgelder für größere Beträge kaum noch verzinst. Es sei denn, Ihr Anlageberater greift in die Trickkiste und versucht Sie in längere Laufzeiten zu drängen bzw. Ihnen Anlagen mit einer geringeren Bonität zu verkaufen. Komplexe Produkte werden sicher eine Wiederauferstehung feiern - die Anleger haben aus der Lehman-Pleite wenig bis gar nichts gelernt. Vermeintliche Schnäppchen sollten Sie dabei immer kritisch hinterfragen. Deutliche Aufschläge auf den Eonia bzw. die Bundeswertpapiere beinhalten immer zusätzliche Risiken. Die Tabelle der aktuellen Renditen der Bundeswertpapiere sollten Sie dabei im Hinterkopf behalten. Die Zinsen liegen auf historisch niedrigem Niveau. Wenn Sie sich diese tiefen Zinssätze langfristig "sichern" und in diese Falle tappen - wird es Ihnen in den nächsten Jahren sicher nicht gelingen, eine sich am Horizont bereits abzeichnende Inflation zu trotzen!

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Fazit

Die nächsten Monate werden vom Versuch der Banken und Sparkassen gekennzeichnet sein, die horrenden Mengen an gehorteten Tages- und Festgeldern in längere Laufzeiten zu bekommen und damit langfristig als Einlagen an sich zu binden. Der Kampf um die Kundeneinlagen wird sich vom Tages- und Festgeld ebenfalls in die längeren Laufzeitbereiche verlagern. Mittel- und langfristig wird es sich jedoch nicht auszahlen, der Verlockung leicht höherer Zinssätze zu erliegen. Vergessen Sie nicht: Die mittel- und langfristigen Zinssätze befinden sich nahe an ihren historischen Tiefstständen. Während man das aktuelle, extrem niedrige Zinsniveau zur langfristigen Festschreibung seiner Verbindlichkeiten bzw. zur Refinanzierung nutzen sollte, ist bei der Geldanlage das Gegenteil vernünftiger. Die globalen Aktienmärkte werden auf Sicht der nächsten Jahre die Anleihemärkte klar outperformen können. Die Latte - in Form niedriger Zinssätze - liegt einfach sehr tief.

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