Eine strategische Wahl?

Haben Sie schon einmal nachgerechnet?

Die aktuellen Umfragen der Institute sehen weiterhin ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Die aktuelle Forsa-Umfrage sieht eine knappe Mehrheit für eine Koalition aus CDU/CSU und FDP. Welche Auswirkungen auf den DAX sind für die kommende Woche wahrscheinlich?

Sorgen strategische Stimmabgaben für eine Schwarz-Gelbe Mehrheit?

Wir haben in den letzten Tagen ausführlich die wahrscheinlichsten Wahlausgänge und deren Auswirkungen auf die Börse - so unvoreingenommen und sachlich wie möglich - analysiert. Es fallen dabei einige Dinge auf: Die große Mehrheit der Bevölkerung ist gegen eine Große Koalition, die wir praktisch ohnehin bereits haben, da die CDU/CSU-FDP im Bundesrat über eine deutliche Mehrheit verfügt und fast allen Gesetzen zustimmen muss. Diese große Koalition kann aber - aus heutiger Sicht der Umfragen - nur verhindert werden, in dem potentielle Wähler der Grünen oder der SPD ihre Stimme im "gegnerischen Lager" platzieren. Eine erneute Rot-Grüne Mehrheit ist nahezu ausgeschlossen, eine Stimmabgabe für die Grünen oder die SPD macht jedoch eine Große Koalition wahrscheinlicher. Ein interessantes Dilemma. Die Quote für SPD-Grüne liegt in der elektronischen Wahlbörse bei lediglich 2,96%. Ein Rot-Rot-Grünes Bündnis sogar bei 4,02%. Die wahrscheinlichste Regierung wird mit aktuell 44,97% bei CDU/CSU-FDP gesehen, gefolgt von einer Großen Koalition mit 37%. Dieses Ergebnis bringt jedoch zum Staunen, da die Wahlbörse im Ergebnis für die einzelnen Parteien eine Schwarz-Gelbe Koalition rechnerisch nicht hergibt.

Reformbereitschaft ist hoch

In der heutigen Tagespresse ist zu lesen: "Dass Deutschland durch weitere Reformen zu alter wirtschaftlicher Stärke zurückfinden kann, glauben der Umfrage zufolge fast drei Viertel (73 Prozent) der Wähler - wobei die von allerhand Rückschlägen geplagten Ostdeutschen mit 63 Prozent deutlich skeptischer sind als die Bürger im Westen (76 Prozent). Die nächste Bundesregierung kann zudem mit einer Reformbereitschaft der Bürger rechnen, die deutlich größer ist als vor dem ersten rot-grünen Wahlsieg 1998. Heute würden 44 Prozent der Befragten in Kauf nehmen, länger zu arbeiten, vor sieben Jahren waren es lediglich 34 Prozent. Nur noch zwölf Prozent gaben jetzt an, sie seien "zu keinem Opfer" bereit, diese Zahl hat sich gegenüber der Vergleichsstudie beinahe halbiert. Deutliche Unterschiede zeigen sich nicht nur zwischen Ost (17 Prozent) und West (11 Prozent), sondern auch je nach parteipolitischer Färbung: Lediglich vier Prozent der Grünen-Anhänger, aber 31 Prozent der Linkspartei-Klientel wollen keinerlei persönliche Opfer bringen. Das Mittelfeld bilden die Anhänger der FDP (8 Prozent), der CDU/CSU (9 Prozent) und der SPD (13 Prozent). Befragt wurden 1000 Wahlberechtigte am 6. und 7. September 2005."

Simple Botschaften funktionieren - oder letztendlich doch nicht?

Die Idee vom Schreckgespenst der Bürger in Form des "Professors aus Heidelberg" kommt im Wahlkampf gut an, stößt aber zunehmend auf Kritik. Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) sagte dazu: "Bei allem Verständnis für zugespitzte Formulierungen im Wahlkampf ist diese Wortwahl des Bundeskanzlers nicht hinnehmbar. Damit wird ein Berufsstand verunglimpft, der in unserem Land für Innovation und Fortschritt einen unschätzbaren und unverzichtbaren Beitrag leistet. Es muss dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass nur Menschen, die sich in den Parteien hochgedient haben, in der Lage sind, Politik zu machen."

Tiefpunkt erreicht

Der persönliche Tiefpunkt im Wahlkampf wurde für mich heute erreicht: Der Staatsminister im Kanzleramt, Rolf Schwanitz (SPD), wirbt in seinem Wahlkreis im sächsischen Vogtland mit einem Plakat, das Särge von amerikanischen Soldaten zeigt. Der Titel: "Sie hätte Soldaten geschickt.? Man kann die amerikanische Irak-Politik sicher sachlich berechtigt kritisieren - einem Menschen unterschwellig vorzuwerfen, er würde junge Soldaten leichtfertig in einen Krieg schicken, halte ich für schlicht unwürdig.

Wohin geht der DAX nach der Wahl?

Nach der letzten Bundestagswahl 2002 verlor der DAX am folgenden Montag um ca. 4,9% (!) und in den Folgetagen ging es - im Sog der internationalen Börsen - weiter deutlich bergab. Der heutige Anstieg im DAX sollte das Potential eines Shortsqueezes am Montag bereits deutlich minimiert haben. Die Reaktion der Börsen sollte trotzdem heftig ausfallen. Die Zurückhaltung der Investoren könnte sich schlagartig auflösen, eingegangene Absicherungspositionen würden schnell glattgestellt werden. Der Wahlabend und der kommende Montag versprechen sehr spannend, der Handel sehr hektisch zu werden. Bewerten Sie nüchtern die Situation und vermeiden Sie emotionale Reaktionen!

Fazit

Deutschland steht am Wochenende vor einer richtungweisenden Entscheidung ob wir den Mut zu weiteren Reformen aufbringen oder auf die Bremse treten. Ich wünsche Ihnen den Mut und die Weisheit, die "richtige" Entscheidung zu treffen. Vor allem sollten Sie eines tun: Gehen Sie zur Wahl und freuen sich, dass Sie überhaupt eine haben. Dieses Recht ist nicht selbstverständlich, auch wenn wir uns daran gewöhnt haben.

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