DAX-Crash nach der Wahl?

Die Unsicherheit nimmt zu. Die Anleger werden nervöser.

Die jüngsten Umfrageergebnisse haben den Vorsprung von CDU/CSU-FDP schrumpfen lassen und eine mögliche Regierungsbildung in der Konstellation Schwarz-Gelb ist sehr unsicher geworden. Ich habe die wahrscheinlichsten Szenarien und Auswirkungen auf die Märkte für Sie zusammengefasst. Wird die Wahl für heftige Turbulenzen sorgen?

Warum gibt es überhaupt Neuwahlen?

Man kommt sich in diesen Tagen - ehrlich gesagt - etwas veralbert vor. Kaum jemand scheint sich daran zu erinnern, warum es denn überhaupt Neuwahlen gibt. Bundeskanzler Schröder hat doch erklärt, dass er gegen die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nicht mehr "anregieren" kann und ihm auch das Vertrauen für seine Politik in "seiner" Rot-Grünen Regierungskoalition nicht mehr gesichert scheint. Und nun? Hat sich das etwa geändert? Natürlich nicht. Eine Bestätigung der Koalition aus SPD und Grünen hätte erneut das Problem, im Bundesrat fast nicht mehr vertreten zu sein. Und ein Beibehalten des Reformkurses erscheint - nach den jüngsten Aussagen vieler Fraktionsmitglieder der SPD - ebenfalls unwahrscheinlich. Der vollzogene Linksruck der SPD würde auch in einer Großen Koalition mit der CDU/CSU für erhebliche Probleme sorgen.

Aktuelle Umfragewerte

Die aktuellen Umfragen sehen im Durchschnitt weiter einen leichten Vorsprung für CDU/CSU-FDP, dieser ist jedoch merklich geschrumpft. Eine Große Koalition wird in der elektronischen Wahlbörse ("Wahlstreet") mit etwa gleichen Kursen von ca. 45% gehandelt. Eine weitere Regierungsbildung von SPD/Grünen kann unter "normalen" Bedingungen - zum heutigen Zeitpunkt - nahezu ausgeschlossen werden. Welche Alternativen halte ich für wahrscheinlich? Lesen Sie zum Thema auch diesen Beitrag: "Kennt der DAX den Wahlausgang?" vom 02.09.2005.

Klare Mehrheitsverhältnisse notwendig

Die Börse hasst Unsicherheit und bevorzugt demnach klare Mehrheitsverhältnisse. Genau hier liegt das Problem. Für klare Mehrheitsverhältnisse würde nur ein Schwarz-Gelbes Bündnis sorgen. Eine Große Koalition mit einer Rot-Rot-Grünen Option im Hintergrund würde eine Kanzlerin Angela Merkel ständig unter Druck setzen. Eine Große Koalition hätte auch im Bundesrat nur eine sehr knappe Mehrheit. CDU/CSU und FDP würden im Bundesrat hingegen über eine deutliche Mehrheit verfügen. Eine Koalition CDU/CSU, FDP und Grüne ist eher unwahrscheinlich - ebenfalls ein mögliches Bündnis zwischen CDU/CSU und Grünen. Diese Schwarz-Grüne Konstellation würde daran scheitern, dass im Bundesrat die Grünen derzeit überhaupt nicht mehr vertreten sind. Die Grünen sind aktuell an keiner Landesregierung beteiligt.

Arbeitsmarkt als das zentrale Thema

Unter den Sachfragen ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit das zentrale Thema. Glaubt man den aktuellen Umfragen, so ist die hohe Arbeitslosigkeit das Politikfeld, das oberste Priorität für die meisten Wähler besitzt. Ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen könnte daher der "Sympathie-Vorteil" von Gerhard Schröder aufgrund des "Kompetenz-Vorteils" von Angela Merkel letztendlich verpuffen. Die Umfragen nach dem Fernsehduell sahen Angela Merkel im Bereich Arbeitsmarkt mit 35% zu 10% gegenüber Gerhard Schröder klar im Vorteil.

Überhangmandate könnten Ausschlag geben

Der direkte Vorsprung der CDU/CSU vor der SPD ist - je nach Umfrage - mit zwischen 7 bis 10 Prozentpunkten recht hoch. Es ist davon auszugehen, dass die CDU/CSU deutlich mehr Direktmandate über die Erststimmen gewinnen wird als die SPD. Die Zahl der Überhangmandate sollte daher höher als noch in 2002 ausfallen und sich zu einem gewichtigen Vorteil der CDU/CSU erweisen. Rechnerisch könnte es daher durchaus zu einer Mehrheit für eine Schwarz-Gelbe Koalition kommen, ohne dass das Verhältnis der Zweitstimmen dafür ausreichen würde.

DAX vs. Euro-Stoxx-50

Die Neuwahl-Ankündigung hat dem DAX kräftigen Auftrieb gegeben. Betrachtet man sich den Chartverlauf des DAX und vergleicht diesen mit dem Euro-Stoxx-50, so könnte man meinen, dass die Ankündigung von Neuwahlen - und die damit verbundene Aussicht auf erweiterte und beschleunigte Reformen - nur wenig mit der guten Performance des DAX in diesem Jahr zu tun hat, denn der DAX und Euro-Stoxx-50 entwickelten sich in 2005 nahezu parallel. Aber stimmt das wirklich?

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DAX vs. S&P 500

Die Antwort auf diese Frage bekommt man mit dem Vergleich zum S&P 500. Der DAX hat sich ab Mai deutlich besser - währungsbereinigt nicht ganz so stark - als die US-Indizes geschlagen. Ein gewichtiger Grund dafür, ist sicher auch die Ankündigung von Neuwahlen in Europas größter Volkswirtschaft. Viele DAX-Werte sind auch im Euro-Stoxx-50 vertreten und ein beschleunigtes Reformtempo würde sicher auch die anderen, großen europäischen Staaten "mitziehen". Die Outperformance des DAX erklärt sich sicher nicht ausschließlich mit den Neuwahlen. In der Summe sind diese aber ein gewichtiger Faktor.

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Fazit

Die Bundestagswahl am nächsten Wochenende wird sicherlich für hektische Bewegungen an den deutschen Börsen sorgen. Die aktuell unsichere Situation wird vermutlich bereits am Wahlsonntag beseitigt sein. Verbleiben Unsicherheiten über die zukünftige Regierung oder den zukünftigen Kurs in einer Großen Koalition, wird dies die Märkte kurzfristig sicher belasten. Die Märkte bevorzugen eine eindeutige und damit klare Entscheidung.

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