Bush "bestraft" die Europäer!

Die beunruhigende Entwicklung der letzten Wochen hat sich zum größten Medienthema derzeit hochstilisiert.

Wir benutzen unsere Währungsprognosen in der Vermögensverwaltung, um die Gewichtung der einzelnen Währungsräume im Vergleich zum MSCI-World festzulegen. Größere Abweichungen nehmen wir in unserer Anlagestrategie nur selten vor. Ende Februar habe ich im Rahmen eines Vortrages unsere Jahresprognose 2004 vorgestellt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung notierte der Euro bei ca. 1,28 USD. Wir gingen von einem stärkeren US-Dollar aus. Der Euro verlor in den Folgemonaten deutlich und erreichte sein Tief bei 1,1759 USD Ende April. Die anschließende Korrekturbewegung verlief bis zu einem Niveau von ca. 1,26 USD nahezu idealtypisch. Der nachfolgende Anstieg und die damit verbundene Rückeroberung des ehemaligen Aufwärtstrends hat die technische Situation für den US-Dollar jedoch deutlich eingetrübt - neue Jahreshochs waren die unmittelbare Folge dieser Entwicklung. Wir haben in den von uns verwalteten Depots die USA leicht untergewichtet. Wie geht es nun weiter?

Bewegung 2004 wesentlich geringer als in 2003

Fast alle Schlagzeilen der Wirtschaftspresse beschäftigen sich in diesen Tagen mit dem schwachen US-Dollar bzw. dem Höhenflug des Euro. Schauen wir uns die nüchternen Zahlen an: Der Euro hat 2003 um ca. 20% von 1,0496 USD auf 1,2586 USD zugelegt. Der DAX ist im gleichen Zeitraum um 37%(!) gestiegen. In 2004 hat der Euro bis zum 18.02.2004 bis auf 1,2927 USD zugelegt, anschließend bis zum 26. April 2004 auf 1,1759 USD abgegeben und heute mit 1,3329 USD ein neues Jahreshoch erreicht. Mehr als zwei Drittel des Jahres notierte der Euro tiefer als zum Jahresanfang. Seit dem Hoch im Februar 2004 hat der Euro um lediglich 3% zugelegt, seit Jahresanfang um ca. 5%. Verglichen mit der 20%-igen Aufwertung des Jahres 2003 eher unbedeutend.

Negative Divergenz hat sich noch nicht durchgesetzt

Der Euro ist mittlerweile in allen Zeiteinstellungen deutlich überkauft und es haben sich multiple negative Divergenzen ausgebildet. Diese werden vom Markt - noch - ignoriert. Die Investoren, die jetzt am Jahreshoch auf den Euro-Zug aufspringen, werden jedoch zunehmend nervöser und das damit verbundene Rückschlagpotential größer. Eine ähnliche Konstellation - vor allem im Hinblick auf das extrem bullishe Sentiment - wie beim Rohöl vor wenigen Wochen, ist zu beobachten.

Prognosebereich bereits überschritten

Sie kennen bereits unsere Forecasting-Methodik, bei der wir jedes Jahr die Prognosen der Investmentbanken sammeln und den Marktkonsens als wahrscheinlichste Entwicklung ausschließen. Wider Erwarten hat es der Euro nun geschafft, sich vom fast linken Rand des Prognose-Spektrums an den rechten Rand "durchzukämpfen". Über 1,32 USD liegen nur noch zwei "Außenseiter-Tipps". Einem weiteren Anstieg steht aus dieser Sichtweise nun nichts mehr entgegen. Erinnern Sie sich an 2003? Damals sahen wir einen schwachen US-Dollar voraus und erwarteten einen Anstieg über 1,15 USD, da keine Investmentbank Kurse über 1,15 USD für wahrscheinlich hielt.

Bush setzt die Währung gezielt ein

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident George W. Bush hat der Euro gegenüber dem US-Dollar um fast 62% aufgewertet. Die großen Verlierer dieser extremen Abwertung des US-Dollars sind die Europäer, die in den Neunziger Jahren noch hohe Währungsgewinne verbuchen konnten. Die europäischen Exportwerte verlieren an ihren Gewinnmargen und europäische Investoren werden durch schwächere Resultate in US-Anlagen belastet. In vielen Diskussionsrunden wird der massive Verfall der US-Währung vorhergesagt und Kursziele jenseits der 1,50 USD machen bereits die Runde. Das Sentiment ist eindeutig bullish für den Euro und markante Trendwenden finden fast immer in solch einem Stimmungsumfeld statt. 

Fazit

Die Bewegung in diesem Jahr war deutlich moderater als noch in 2003. Die Entwicklung ist längst nicht so dramatisch, wie diese in den Medien dargestellt wird. Zu voreiligen Aktionen besteht kein Anlass und Investoren sollten die weitere Entwicklung gelassen beobachten. Sollte sich der schwächere US-Dollar zum "echten" Problem für die USA entwickeln und Anleger US-Bonds bzw. Aktien in großem Umfang verkaufen, wird die US-Administration - wie sie das immer getan hat - geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.

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