"Europäische Aktien nicht unterschätzen!"

Strukturelle Probleme

Die Schlagzeilen gehören den „Magnificient 7“ und der neu entfachten Begeisterung für Technologie, insbesondere für Künstliche Intelligenz (KI). Allerdings ist die aktuelle Rally viel breiter angelegt, als es viele Anleger wahrnehmen. Manche Teilnehmer der Aufwärtsbewegung sind sogar immer noch recht unbeliebt – zum Beispiel europäische Aktien.

Der alte Kontinent hinkt hinterher

In letzter Zeit wird viel über die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit Europas diskutiert, insbesondere im Bereich der Technologie. In Europa gebe es nur schwerfällige, alte Software- und Hardware-Unternehmen mit minimalem KI-Engagement. Analysten untersuchen die Gründe dafür, darunter lokale Vorschriften, die große Rolle des Staates bei der Lenkung von Investitionen, hohe Energiekosten, bürokratische Hindernisse für Unternehmensgründungen, Arbeitsgesetze und mehr. Ohne strukturelle Reformen, die zu mehr Risikobereitschaft ermutigen, und ohne Subventionen, die den Privatsektor ankurbeln, wird Europa ihrer Meinung nach auf unbestimmte Zeit zurückbleiben. Nicht nur an der Technologiefront, sondern auch wirtschaftlich.

Früh eingepreist

Viele dieser Behauptungen sind in unterschiedlichem Maße zutreffend. Aus der Sicht der Aktienmärkte besteht jedoch ein großer Unterschied zwischen interessanten Beobachtungen über den strukturellen Hintergrund und den zyklischen Faktoren für die Wirtschaft und den Aktienmarkt. Strukturelle Faktoren spielen zwar eine Rolle, aber sie sind allgemein bekannt und werden eingepreist. Wir sind der Meinung, dass dies bei Europa der Fall ist, dessen latente Probleme seit dem Abklingen des emotionalen Hochs bei der Einführung des Euro vor etwa 15 Jahren Teil der Diskussion sind. Der regulatorische Gegenwind, die Kosten für die Geschäftstätigkeit und die relativ geringen privaten Investitionen sind keine große Überraschung mehr, wenn überhaupt.

In der Tat hat Technologie den Bullenmarkt angeführt, wovon die USA mit ihrem großen Technologiesektor profitiert haben. Führungsrollen wechseln allerdings, und wir können uns ein Szenario vorstellen, in dem der Value-Sektor im Laufe dieses Jahres die Nase vorn hat. Es ist nicht sicher, dass Europa dann die Führung übernimmt, aber die zahlreich vertretenen Value-Unternehmen mit offensiver Ausrichtung würden definitiv Rückenwind erhalten.

Bullenmarkt auf breiter Ebene

Außerdem sind die europäischen Aktien - einschließlich der europäischen Technologie - nicht gerade am Boden. Es wird kaum darüber gesprochen, aber der MSCI EMU Information Technology Index wird zu vergleichbaren Bewertungen wie der S&P 500 Technology Index gehandelt. Der globale Bullenmarkt hat sich eben auf breiter Ebene abgespielt – insbesondere ist der europäische Tech-Sektor seit dem 12. Oktober 2022 um 100,4 Prozent in US-Dollar gestiegen, mehr als US-Technologie mit 84,7 Prozent oder US-Kommunikationsdienstleistungen – der Sektor, welcher einige der „Magnificient 7“ beheimatet.

Fazit

Nicht nur die Tech-Werte der Eurozone entwickeln sich gut - die Aktien der Eurozone im Allgemeinen sind auf Allzeithochs. Einige Volkswirtschaften der Eurozone mögen sich in einer Schwächephase befinden, aber ihre Aktienmärkte sind damit fertig geworden und haben sich weiter nach oben entwickelt. Nicht, weil sie sich der wirtschaftlichen Realität entziehen, sondern weil sie das tun, was sie immer tun: in die Zukunft blicken. Der „alte Kontinent“ scheint zu erwachen.

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